Wesermarathon 2025
Ich hab die ganze Nacht von mir geträumt…
und als ich am Sonntag des Wesermarathons um 4.15 Uhr aufwachte, um 135 km über die Weser zu rudern, dachte ich mir, das kann nur Liebe (oder Wahnsinn) sein.
Auch im Jahr 2025 war der ARV beim Wesermarathon - wie auch in den Jahren zuvor - wieder stark vertreten. Mit zwei Vierern und zwei Zweiern wollten wir die Strecke von Hann Münden bis nach Hameln zurücklegen. Im Hans Horns saßen Ella Dieball, Vivien Zimmermann, Leif Kühl, Julius Ernst und Josefine Harms, im Admiral Wilhelm "WilLi" Ermgassen, Johanna Kanwisch, Wolf "Schwo" Schwokowsky, Mato Dallmeyer und Sascha Schwarz, in der Treene Simon Müller, Franziska Hill und Lena Waldraff und in der Wakenitz Janne Pingel, Jan-Niklas Studt und Daniel Gombert. Begleitet wurden wir außerdem von einem wunderbaren Landteam, bestehend aus Holger Busche und Anja Petzold, die uns in den Pausen mit Brötchen versorgten und uns am Ende des Tages völlig fertig nach Kiel zurückfuhren.
Die Hinfahrt in WilLis Bus und dem BoWa mit den Booten auf dem Vereinshänger begann bei gutem Wetter am späten Samstagvormittag. Die etwa vierstündige Fahrt war geprägt von Gesang, Gelächter und ausgelassener Stimmung – alle freuten sich auf die enorme Herausforderung des Wesermarathons am Sonntag. Eine Playlist für den Wesermarathon wurde schon mal begonnen und schon fühlten wir uns Disco und hatten Ohrwürmer von Roy Bianco.
Während im Supermarkt des Ortes schon mal die Verpflegung für den nächsten Tag eingekauft wurde, stellte sich auch eine zweite Challenge für den Sonntag heraus: wie viel isst man, wenn man den ganzen Tag Sport macht? Kleiner Spoiler: 54 Bananen sind gar nicht so schlecht, aber 16 Packungen Reiswaffeln sind vielleicht ein paar zu viele. Gleichzeitig zog über uns ein Unwetter auf. Aber da Regen ja bekanntlich für mehr Strömung sorgt und wir mit mehr Strömung auch schneller den Wesermarathon hinter uns haben, minderte das Wetter die Stimmung nur wenig.
Als wir schließlich in Hann. Münden, unserem Startpunkt, ankamen, hatte das schlechte Wetter leider noch nicht nachgelassen, sodass wir im strömenden Regen aufriggern mussten und hofften, dass es Sonntag nicht genauso werden würde.
Nachdem alle Boote planmäßig zusammengebaut und mit Holzklötzen als Stützen auf einer Wiese abgelegt waren, machten wir noch einen Abstecher zum Weserstein – dem Punkt, an dem Fulda und Werra zur Weser zusammenfließen. Es blieb allerdings bei einem kurzen Besuch, denn der Regen hatte immer noch nicht nachgelassen und wir machten uns gespannt auf den Weg zu unserem Schlafplatz.
Schlafen würden wir diese Nacht im Keller von Saschas Eltern, die netterweise – an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön! – rund 30 Minuten vom Startpunkt entfernt wohnten und uns für die Nacht aufnahmen. So blieb uns das Zelt erspart – zum Glück, denn auf Zelte aufbauen hatte nach dem schon sehr nassen Riggern niemand wirklich Lust. Bei Saschas Eltern wurden wir freundlich empfangen und begannen sofort, unsere Schlafplätze herzurichten. Manche hatten mehr, andere weniger dabei – ich selbst kann stolz berichten, dass mein Schlafsack mir immerhin bis zur Hüfte reichte und ich mein Kissen vergessen hatte. Währenddessen wurde im Nebenzimmer eine riesige, sehr bequem aussehende Luftmatratze aufgebaut. Nachdem alle eingerichtet waren, kehrte etwas Ruhe ein. Der Tisch fürs Abendessen war für 19:45 Uhr beim Italiener reserviert, es war gerade 19:00 Uhr – also wurden Bücher und Zeitungen hervorgeholt, um sich ein wenig zu entspannen und aufzuwärmen. Zum Essen schloss sich auch Holger uns an, der nicht mit uns aus Kiel angereist war, sondern mit dem Zug aus Hannover kam. Nach der Pizza ging es auch schon schnell wieder zurück und ins Bett, denn wir mussten am nächsten Morgen ja schon wieder früh aufstehen und fit sein.
Mit dem Klingeln wurden alle mehr schlecht als recht wach. Nach und nach schleppten wir uns ins Bad. Manche starrten nur ins Leere, andere verzehrten ein kleines Frühstücksbrot oder eine Banane. Die Kaffeemaschine lief auf Hochtouren, um drei große Thermoskannen zu füllen. Die Schlafsachen wurden eingepackt und wieder in den Autos verstaut, um dann abends mit nach Kiel zu kommen.
Am Ableger angekommen, wurden die Boote mit Raffi-Boxen ausgestattet und ins Wasser getragen. Leider kam es zu einem Stau am Steg, da auch viele andere Vereine schnell aufs Wasser wollten. Zwischen dem Ablegen unseres ersten Bootes, dem Admiral, und dem Hans Horns als letztes lag deshalb über eine Stunde.
Die ersten paar Kilometer zogen sich. Wir waren noch müde und mussten uns erst aufwärmen. Dann fanden wir unseren Rhythmus und kamen gut voran – unterstützt durch Musik aus einer Bluetoothbox. Leif lieferte sich das eine oder andere Wettrennen mit rivalisierenden Booten, sodass wir alle einige dicke Schläge machen mussten, um an ihnen vorbeizuziehen. Wir hatten es aber sowieso eilig, schließlich wollten wir den Abstand zum Admiral verringern und sie beim Frühstück noch treffen. Alle 30 Minuten wechselten wir die Steuerperson – dabei musste man aufwändig übereinander klettern, was von vorbeifahrenden Booten mit Staunen beobachtet wurde.
Als wir bei Kilometer 44 das erste mal anlegten, trafen wir unsere Weggefährten wieder. Admiral, Wakenitz und Treene waren ebenfalls dort und fast mit dem Frühstück fertig. Also schnell auf die Toilette und dann ran ans Frühstück, das von Anja und Holger – auch hier nochmal DANKE! – vorbereitet worden war: belegte Brötchen, Schokocroissants und heißer Kaffee. Sehr lecker!
Nach und nach legten die anderen Boote wieder ab – schließlich auch wir. Immerhin lagen noch 91 Kilometer vor uns. Der zweite Streckenabschnitt war entspannter. Das Frühstück hatte einigen von uns ganz neues Leben und Motivation eingehaucht und die Stimmung im Boot verbesserte sich schlagartig. Die Landschaft wurde felsiger, mit Klippen und Felswänden entlang des Flusses. Etwa auf halber Strecke zur 80-Kilometermarke kenterte plötzlich ein großes Drachenboot rund 100 Meter hinter uns. In der starken Strömung ein ernstes Problem. Wir versuchten, mit dem Hans Horns zu helfen, aber die Strömung machte ein genaues Manövrieren unmöglich. Als dann Kanuten zur Hilfe kamen und das Landteam des gekenterten Bootes auftauchte war uns klar, dass wir nicht mehr helfen können und haben unseren Weg fortgesetzt.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt spürte man die Anstrengung deutlich. Die Beine taten weh, und jede Pause am Steuer war pure Erholung. Doch wir kämpften uns weiter bis zur 80-Kilometermarke. Hier legten wir eine längere Pause ein. Die letzten Brötchen wurden gegessen, Getränke und Snacks aufgefüllt. Es gab sogar einen kleinen Yogazirkel, Leif versuchte eine Ente zu befreunden, und Danny schlief kurz in der Sonne auf dem Gras ein – erste Zeichen der Erschöpfung. Noch einmal schnell zur Toilette, dann ging es weiter: die letzten 55 Kilometer.
Uns allen war klar: Jetzt wird es richtig hart. Nach den ersten 10 Kilometern taten die Arme und Beine wieder weh, aber erstaunlicherweise war noch Kraft da. Wir zogen vorbei an alten Herrenhäusern, die Sonne stand tief, und auf dem Wasser waren nur noch wenige Boote unterwegs – alle mit dem gleichen Ziel: durchhalten. Der Wind erreichte nun seinen Höhepunkt. Trotz der Anstrengung war es zu kalt, um im T-Shirt zu rudern. Die Raffi-Boxen wurden auch immer leerer, wobei das Ziel, drei Bananen und eine Packung Reiswaffeln pro Person zu essen, von den meisten von uns verfehlt wurde.
Als die letzten 10 Kilometer anbrachen, schwand auch die Kraft. Jeder Schlag war anstrengend, jeder Meter zog sich wie ein Kilometer. Doch schließlich war das Ziel erreicht. Der Admiral war bereits angekommen, und nach und nach halfen wir uns gegenseitig, die Boote vom Steg zu holen, abzuriggern und aufzuladen. Es war mittlerweile kurz vor 21:00 Uhr und alle waren völlig erschöpft. Als Belohnung gab es Medaillen und sogar Brötchen für die Heimfahrt – sehr passend, denn der Hunger war groß.
Die Rückfahrt verlief ereignislos – jedenfalls für mich, denn nach dem Siegergetränk schlief ich direkt ein. Der Wesermarathon war also auch in diesem Jahr wieder ein voller Erfolg und ein wunderschönes Wochenende in der Natur.
Julius Ernst & Josefine Harms